Freitag, 29. Juni 2012


Ich leite das Wochenende mit irritierend zusammenhangslosen Bildern ein. Wenn man etwas getrunken hat merkt man das sicher weniger, ich empfehle das also ausdrücklich an dieser Stelle!

Im letzten Post habe ich ein Bild versprochen das gar nicht aufgetaucht ist, jetzt tut‘s das!


Die letzte Woche habe ich zwar nachts mit Feiern verbracht, war aber am Tag ziemlich fleißig. Mein Körper hat auf diesen Widerspruch auch dreist hingewiesen und mir massive Kopfschmerzen mit Nebenwirkungen beschert. Trinken, Ibu und Liegestützen haben nichts gebracht, aber nachdem ich eher beiläufig meine erste Tafel Schokolade in Japan verzehrt hatte waren sie schlagartig weg! Kann man unterzuckern bei geographisch bedingter Ernährungsumstellung?

Eigentlich wollte ich aber Bilder von der Arbeit zeigen:


Vor 2 Stunden war ich mal wieder Laufen. Es war schon dunkel, ich bin ja nicht blöd! Und zusätzlich habe ich Meguro-san aus dem Labor mitgenommen, die mir den Weg zum bekannten track um den imperial palace gezeigt hat. Ich war letztes Mal gar nicht so falsch, aber die Hochhäuser versperren sehr effektiv die Sicht.

Die JSPS hat uns noch Bilder von der Einführungswoche geschickt, die den chaotischen Haufen mal ganz seriös sortiert zeigen. Die Deutschlandflagge war extra für das erste EM-Spiel angeschafft worden und gehört sonst nicht zum Repertoire der JSPS.


Die 5te Person von links war unsere Sprachlehrerin, die mit dem Level Zero Kurs erste Gehversuche unternommen hat. Wie erstaunlich leicht zu erkennen und noch viel leichter zu hören ist (Pegelmessung reicht) sind viele der Teilnehmer Amerikaner. Die Fingerübung gehört hier zum Foto wie der Fotograf, es tut mir leid...

Und zum Abschluss noch eine schöne Illustration meiner täglichen Herausforderungen im Labor. Da kann man das Wasser auch schonmal grillen...

Dienstag, 26. Juni 2012

Kombanwa zusammen! Nach dem Wochenende und zwei gefeierten Abenden in Folge sitze ich nun in meinem vernachlässigten Zimmer und "komme runter" wie man umgangssprachlich sagen würde. Beste Gelegenheit um von den vergangenen Tagen zu erzählen:

Donnerstag:

Ich möchte mich bei allen Seeigeln entschuldigen, sie schmecken doch! Mein Chef, Nishiyama-sensei hat mich und 3 Kollegen zu einem phantastischem Dinner eingeladen, dass zahlreiche Fische, Gemüse, Austern, Seeigel und Nudeln nicht überlebt haben. Die Seeigel sind pur einfach zu krass, auf Sojaträgersubstanz (das heißt sicher anders) sind die richtig gut. Die Austern (meine Ersten) haben einfach nach Meer geschmeckt - wirklich lecker, aber bei vegetarischer Einstellung ziemlich gleichwertig durch einen Schluck Pazifik zu ersetzen.

Freitag:

Convenience Stores sind klasse! Ich bin heute Nacht aufgewacht und fühlte mich etwas schwach. Also bin ich schnell vor die Tür, habe mich im 10m entfernten Convenience Store für die Udong-Nudeln mit Sojasauce, Ei und Majonaise entschieden und bin damit beglückt zurück aufs Zimmer. 15min später konnte ich deutlich zufriedener weiterschlafen. Das gibts bei uns nicht.




Samstag:

Im Wohnblock gibt es eine Waschmaschine samt Trockner, die mich mit einer Vollautomatik beeindruckt hat. Ein Knopf fürs Waschen, einer fürs Trocknen, schon hat man seine T-shirts gewaschen und trocken zurück - wohlgemerkt in der Größe XS. Gut dass ich alle weißen T-shirts gesammelt hatte, so konnte ich heute direkt einen Großeinkauf machen.
Die kompakten Shirts reichen noch knapp über meinen Bauchnabel, das ist auch in Japan bei Herren eher unüblich.

Nachmittags war ich in Ueno - ein Stadtteil von Tokyo - und habe versucht satt zu werden. Döner sind hier nicht halb so groß wie bei uns aber schmecken lecker, Obst ist größer und schmeckt klasse, macht aber nicht satt, Fisch hats dann wieder gerichtet. Die besten Stände vom Markt habe ich extra für Dich Nora zusammengefasst :-)



Ein paar Besonderheiten Japans sind mir auf der Tour auch noch aufgefallen:
1) Vending Machines: In albern kurzen Abständen stehen hier Automaten mit gekühlten und heißen Getränken (zum Teil in einem Fach). Das ist unheimlich praktisch, Jürgen Trittin würde sie aber sicher persönlich vernichten.


2) Spielhallen: Auch recht häufig kommt man an hektisch blinkenden Fassaden vorbei, aus denen wummernder Lärm dringt. Wenn man eintritt sitzen durchaus normale Menschen an tosenden Maschinen, die verzweifelt versuchen eine Großraumdiskothek in den Schatten zu stellen. Recht nüchtern wirken da noch die Trommelapparate, die umso rasanter Piepsen je engagierter man auf die Trommeln eindrischt.


3) Klimaanlagen: Die Hochhausfassade lässt erahnen, wie warm es hier im Hochsommer wird, Klimaanlagen gehören hier zur Standardausstattung jeder Wohnung.

Sonntag (nach dem Joggen):

Sonntagabend war ich mit Ariel, einem israelischen Architekten in Tokyo unterwegs und habe mir ein beeindruckendes Haus in Asakusa angesehen, dass sein Chef gerade gebaut hat. Susi, Bine, ihr wärt sicher begeistert, ich habe trotz der abendlichen Lichtverhältnisse versucht Fotos zu machen. Vom Dach hatte man einen tollen Blick auf die Kreuzung, die viele aus "Lost in Translation" kennen werden. Von dort aus konnte ich auch mal ein anständiges Bild von Skytree machen...



Danach waren wir sehr japanisch essen. Teuer wars, lecker aber auch, und eher unpassend für meine Beine.




Montag:

Montagabend hat mein team eine Welcome Party für mich geschmissen. Einmal mehr hatten wir sehr viel Spaß, Bier und Sake und ich fühl mich bestens aufgenommen. Ein Prof. aus der organischen Chemie kam auch noch mit sehr viel Sake dazu und - um mal mit Jürgen von der Lippe zu sprechen - wir haben leidenschaftlich über Kunstrasen diskutiert: Wir waren beide dafür und er hat sich mit den Worten verabschiedet:"Whenever you feel lonely, come to me, we drink together!" Die Gastfreundschaft hier ist tatsächlich kaum zu übertreffen.



Dienstag:

Baseball ist das hiesige Äquivalent zu Fußball. Viele Institute haben hier eine Mannschaft und ich wurde trotz deutlicher Verhinderungsartikulation in unsere aufgenommen. Zunächst wurde mein Verdacht bestätigt, dass meine Beine für den Comedycharakter meiner Joggingrunde verantwortlich waren. Kaum stand ich in Sporthose da, haben sich alle köstlich amüsiert - aber ich kann mittlerweile damit umgehen!

Den Ball zu fangen war möglich, wenn auch nicht elegant. Den Ball mit dem Schläger zu treffen war kompliziert. Beim Üben gings nicht, im Spiel habe ich mit viel Glück getroffen - und auch noch so krumm, dass keiner den eiernden Ball gefangen hat. Ich habe mich sehr gefreut und unter dem Beifall meines Teams dem Ball nachgeschaut - das waren schöne Sekunden. Unter den Beifall mischte sich dann immer mehr ein Laut, den mein Gehirn nach viel zu langer Zeit als "run" entzifferte. Man läuft bei diesem Spiel zu einer Markierung solange der Ball nicht gefangen wurde, das ist der Sinn des ganzen Rumgekloppes.
Mir war das bis dahin nicht so klar, aber ich bin trotzdem noch losgespurtet. Natürlich kam ich nicht mehr an, aber es war lustig und die Mädels haben nochmal Fotos von meinen Beinen gemacht wenn sie sich bewegen.

Bilder kommen nach, die sind nicht auf meiner Kamera.

Sonntag, 24. Juni 2012

Laufen! Genauer gesagt sportliches Joggen zur Ertüchtigung ist das Erlebnis meines heutigen Tages. Nach zwei Wochen sportlicher Abstinenz habe ich mir frohen Mutes einen nahgelegenen Park auf googlemaps gesucht, den Weg notiert und bin los.

Es dauerte nur Sekunden, bis mir der erste breit grinsende Japaner entgegen kam, nach 20 Sekunden waren es 25 Einheimische, die stark erheitert an mir vorbeihuschten.
Dabei hatte ich weder Hose noch T-shirt vergessen, noch irgendeinen anderen Fauxpas begangen - nach einigen Minuten war ich mir sicher: Meine Beine waren einfach nur zu weiß, zu lang und zu dünn. Und ich hatte mich natürlich verlaufen und war in Gebieten unterwegs, die eher der Kö oder Hohen Straße glichen als einer Joggingstrecke.

Jimmy Sommerville auf den Ohren machte die Gesamtsituation nicht eben besser, ich fühlte mich langsam wie Simon Gosejohann. Metallica half dann auch nicht mehr, also bin ich wie ein Korken auf dem Wasser durch die City gejoggt. Einige Leute haben Fotos gemacht (Chrissi, wenn wir hier gemeinsam joggen kommen wir in die Zeitung!) - und ich habe mir geschworen nur noch nachts laufen zu gehen, und den Weg zum Park vorher in normalen Klamotten abzuschreiten.
Zurück an meiner Wohnung habe ich noch schnell was zu Trinken gekauft. Ich war der einzige langbeinige Jogger in dem Shop, also habe ich schnell gemacht und die einzige Flasche gegriffen die ich kannte. Beim Öffnen fiel mir dann ein, dass ich das Zeug schon beim ersten Mal nicht mochte - wie gesagt, die Nacht ist meine neue Zeit für Sport!


Ansonsten gibts noch viele Fotos, die bisher nicht den Weg in den Blog gefunden haben:

Wegen der vielen Erdbeben sind die Stromleitungen grossteils überirdisch verlegt, das sieht dann so aus
Der Blick vom oft genannte Shonan Village auf den Pazifik
Beim Sushi mit Sapporo Bier und Sake
Im Kabuki Theater
Regenzeit... der Schirm war das Erste was ich mir hier gekauft habe
Mein Gastvater Uehara-san
Auch lecker, macht Sapporo Konkurrenz
Auch Micky Maus spricht japanisch
An nebligen Tagen hat die Stadt etwas düsteres, sieht aber auch klasse aus
Meine Gastmutter und ich vor dem Gelände des alten Kaiserpalast
Beim Teekochen - ungleich komplizierter als bei uns mit Westwood
Asakusa - wie immer im Regen
Ich war im Jukata auch draussen
Zum Tee gibts Süßigkeiten aus Bohnen! Um mit Susi zu sprechen - ich bin da eher emotionslos.
Basteln mit Teetüchern - wie gesagt alles tierisch kompliziert

Mein Weg zum Institut

Ein Gebäude für Naturwissenschaftler

Es gibt auch sehr schöne alte Gebäude hier - natülich für die Geisteswissenschaftler, nicht für uns
Ein Geisteswissenschaftler vor seinem Büro
Noch einer
Abendessen: Jede Sushipackung kostet 1,-€ - das ist gerade im Vergleich zu anderen Speisen unglaublich günstig - die Crème brûlée kostet das Doppelte...

Liebe Katha, liebe Nora, das könnt ihr euch schonmal einprägen bevor ihr kommt :-)
Wie versprochen, der Skytree nochmal bei besserem Wetter von meiner Wohnung aus gesehen

Donnerstag, 21. Juni 2012

Ich bin in Tokyo! Also so richtig, wie man auf der Karte sieht. Tatsächlich erreiche ich viele interessante Orte sehr gut von meiner Wohnung aus. Die Suica Card, eine credit card für U-Bahn, S-Bahn, Automaten, Shops usw. nenne ich auch schon mein Eigen, dem ungehemmten Herumkommen steht also nichts mehr im Wege :-)


In meiner Arbeitsgruppe bin ich auch schon bestens aufgenommen worden. Meine Kollegen und Chefs sind unglaublich nett, finden mich jeden Morgen wieder sehr groß und haben Namen die ich mir unglaublich schwer merken kann - das macht mir etwas Sorge, denn Höflichkeit zahlt sich hier maximal aus, ungalantes Verhalten logischerweise gar nicht. Das Soundso-sensei anstatt Professor Soundso muss ich mir noch an-, meine vorschnellende Hand beim Hallo sagen abgewöhnen. Das Verbeugen krieg ich hin, wenn andere das tun ducke ich mich automatisch mit. Das team setzt sich aus 20 Japanern zusammen, zwei Chinesen und einer Koreanerin.




Hier seht ihr die täuschend echt in Plastik nachgekochte Speisekarte der Mensa:


Überforderte Gastforscher haben hier die Wahl zwischen 73 unterschiedlichen Gerichten plus zahlreichen Nach- und Vorspeisen. Ich habe bisher die Dritte Unbekannte aus der ersten Zeile gewählt und die Zweite aus der Zweiten. Beides war prima und ich erwarte selbiges Fazit für alle anderen Speisen (Aubergine habe ich nirgendwo gesehen).

Meine Joggingrunde habe ich wegen des Taifuns geschmissen und meine Sachen ausgepackt. Das war ernüchternd: Zahlreiche Handtücher sind bei einer hotelähnlichen Wohnung ziemlich albern und müssen sich jetzt damit begnügen den Kleiderschrank bewohnter wirken zu lassen. Die hektisch zugepackten Pullover und Jackets waren für den einen kühlen Tag meiner Ankunft auch übertrieben, ich denke nicht dass ich die nochmal brauche. Socklets mögen eine tolle Erfindung sein, sehen aber zum Anzug und schicken Schuhen kläglich aus - gut dass ich nur solche Strümpfe und solche Schuhe mithabe. Als Highlight bietet meine Wohnung einen begehbaren Kleiderschrank!





Das Wetter ist das einzig Suboptimale hier. Schwül warm und unglaublich feucht, das geht besser. Enge Kleidung geht gar nicht, slimfit Hemden machen ihrem Namen alle Ehre und mutieren nach 5 Minuten zur zweiten Haut - schade.
Dafür erinnert sich die erste Haut an frühe Babytage und fühlt sich außerordentlich vital an. Feuchtigkeitscremes werden hier so gefragt sein wie Regenschirme im death valley. Auch Vertreter von Wetgel Produkten dürften Schwierigkeiten haben ihre Innovation zu erklären.